Worum geht es?
Oft wird im Journalismus mit Interviewsequenzen und sogenannten O-Ton-Passagen gearbeitet. Es kommen also Expertinnen, Augenzeuginnen und Personen zu Wort, die zum jeweiligen Thema etwas beitragen können. Die Kunst besteht darin, die richtigen, d.h. die wirklich interessanten Fragen zu stellen und die Antworten zu bekommen, die man haben möchte. Wie das geht, erfahrt ihr in diesem Lernmodul.
Du lernst konkret
- Du kennst unterschiedliche Fragetechniken und Fragetypen für Interviews.
- Du kannst O-Ton-Statements, Situationen mit O-Ton und Interviews unterscheiden.
- Du übst die Gestaltung von O-Tönen und verbesserst deine Skills.
- Du weisst, wie O-Ton-Statements, O-Ton-Situationen und Interviews mit der Kamera gestaltet werden können.
- Du weisst, welche Bedeutung Zwischenschnitte bzw. Schnittbilder und Insertaufnahmen haben.
Hintergrundinfos
01 O-Ton-Statement, Situation mit O-Ton, Interview
Wir können drei Formen unterscheiden, wie Personen in Beiträgen zu Wort kommen. Häufig findet man sogar alle drei Formen in einem Beitrag. Längere Interviews sind in Wissenssendungen allerdings eher selten. O-Ton-Statements und Situationen mit O-Ton sind dagegen sehr häufig zu sehen. Hier sind die wichtigsten Merkmale der drei Formen zusammengestellt:
O-Ton-Statement | Situation mit O-Ton | Interview | |
Anzahl Personen | eine | eine + X Personen | zwei |
Handlung | keine Handlung (ausser in Inserts) | jemand erklärt und handelt dabei, jemand fragt etwas | keine Handlung, Personen haben feste Platzierung |
Hintergrund | bewusst gewählt | der Situation entsprechend | bewusst gewählt und gestaltet |
Insert-Aufnahmen | wenn O-Ton Statement länger als 10-15 Sek. | keine erforderlich, stattdessen Five-Shots, Raum-Establishing | keine erforderlich, statt dessen: Reaction-Shots, Details (z.B. Hände) |
Bewegung | keine Kamera- oder Objektbewegung | Kamera- und Objektbewegungen entsprechend der Situation (Five-Shots statisch) | Eher keine Bewegung, evtl. leichte Slides (gleitende langsame Fahrten) |
Fragen | keine Fragen, nur Statements (Aussagen, die Frage muss in den Aussagen enthalten sein) | Erklärungen, Fragen sind auch möglich | Fragen und Antworten |
Beispiel für O-Ton-Statement
Einem O-Ton-Statement geht keine Frage voraus. Es handelt sich immer um eine Aussage. Das Beispiel beginnt mit 3 Insertaufnahmen, bevor dann der O-Tongeber gezeigt wird. Man sieht sehr schön, wie die Kameraeinstellung beim O-Tongeber bei Sekunde 53 geändert wird, um den Zuschauer*innen Abwechslung zu bieten.
Beispiel für Situation mit O-Ton
Die Dampfermechanikerin erklärt in der Situation, wie die Schaufelräder gewartet werden. Der Junge stellt ihr hin und wieder Fragen, die sie beim Tun beantwortet. Ihr seht, dass die Kamera stark im Geschehen ist und sich bewegt. Ausserdem wird zwischendrin häufig geschnitten. Insertaufnahmen braucht es hier nicht, weil es sich nicht um langweilige talking heads handelt.
Beispiel für eine Interviewsituation
Dieses Interview ist sehr kurz. Die Frage ergibt sich nicht aus der Handlungssituation heraus. Der Junge hat sie geplant und stellt sie der Dampfermechanikerin, als sich die Gelegenheit bietet. In diesem Beispiel gibt es keine Reaction-Shots.
02 O-Ton-Statements produzieren
O-Ton-Statements sind herausfordernd. Ein*e O-Tongeber*in muss in 30 bis maximal 45 Sekunden einen Sachverhalt verständlich und fachlich korrekt auf den Punkt bringen. Das liegt nicht allen gleichermassen. Für euch als Redakteur*innen ist es aber auch kein Spaziergang. Was also ist zu tun? Hier der Reihe nach. Schaut euch aber erstmal unser Beispiel an, das wir zum Thema Laser-Cutter gedreht haben.
Die O-Tongeber*innen vorab briefen
- Informationsbedarf klären: Überlegt euch genau, was ihr wissen wollt und welche Informationen ihr vom O-Ton-Geber braucht. Dazu müsst ihr euch zuvor mit dem Thema auseinandergesetzt haben. Nur so könnt ihr einschätzen, ob der Inhalt eines O-Tons thematisch relevant, interessant und für Kinder verständlich ist.
- O-Tongeber*in informieren: Teilt vorher der Person mit, was ihr von ihr hören wollt. Gebt einen klaren Zeitrahmen, z.B. max. 2-3 Minuten (da könnt ihr dann nachher 60 brauchbare Sekunden herausschneiden). So hat die Person die Chance, sich etwas zurecht zu legen.
- Drehort festlegen: Legt den Drehort für die O-Ton-Statements fest. Idealerweise hat der Ort etwas mit dem Thema des O-Tons zu tun. Fragt gegebenenfalls beim O-Tongeber nach, welcher Ort sich dafür eignet. Wichtig: Der Ort sollte möglichst ruhig und ungestört sein.
- Statement-Einstieg planen: Ein Statement muss immer für sich stehen. Das heisst, der O-Tongeber muss die Frage, die ihr im stellt, in seinem Statement aufgreifen. Beispiel: Ihr wollt wissen, was ein Laser-Cutter ist und was er kann. Dann sollte der O-Tongeber sein Statement ungefähr so beginnen: «Ein Laser-Cutter ist ein Gerät, dass…». So weiss der Zuschauer, worum es geht, auch ohne vorher eingespielte Frage.
- Blickrichtung festlegen: O-Tongebende schauen nie direkt in die Kamera, sondern leicht an der Kamera vorbei. Das erreicht ihr, indem ihr jemanden von euch direkt neben die Kamera stellt, so dass er oder sie Blickkontakt mit dem O-Tongebenden hält.
Übrigens: Auch Schaupieler*innen in Spielfilmen schauen nie direkt in die Kamera. Das würde die Zuschauer*innen verunsichern. Die einzigen Personen, die direkten Blickkontakt mit Zuschauer*innen aufnehmen, sind Moderator*innen.
Kamera-Setup aufbauen
- Die Kamera sollte immer auf Augenhöhe mit dem O-Tongeber sein. Sitzt er, muss die Kamera entsprechend tief eingestellt werden. Froschperspektiven oder Blickwinkel von oben herab sollten vermieden werden, weil sie die Person wertend darstellen (Auf- oder Abwertung).
- O-Ton-Statements werden in der Regel Nah oder Halbnah gefilmt (s. Beispiele)
- Die Cadrage ist so zu wählen, dass der Head Room stimmt (eher gering), Nasenspitze im Schnittpunkt der oberen horizontalen und der entsprechenden vertikalen Drittellinie).
- Achtung Blickrichtung: Wenn der O-Tongebende auf der rechten Drittellinie platziert ist, schaut er leicht nach links. Steht er auf der linken Drittellinie, schaut er leicht nach rechts. Das müsst ihr einfordern (s. Briefing).
- Beleuchtung checken, Innenbeleuchtung auch bei Tag einschalten, ggf. Zusatzlicht verwenden. Gegenlicht vermeiden.
- Ton checken mit Kopfhörer (s. Ton, Mikrofonierung: Richtmikrofon, Funkstrecke, Störgeräusche…).
In Diesem Video erklärt Markus das Kamerasetup, das wir gewählt haben.
Aufnahme läuft!
- Dem Protagonisten eine Probe anbieten; ggf. Feedback geben (zu kurz, zu lang, inhaltlichen Schwerpunkt verlagern,…)
- Dem Protagonisten klar signalisieren, dass es jetzt losgeht. «Ruhe bitte, wir drehen». Dann Aufnahme starten, 10 Sekunden Vorlauf abwarten, dann sagen: «Und bitte!». Dann beginnt der O-Tongeber mit seinem Statement.
- Darauf achten, ob die wichtigen Infos verständlich präsentiert wurden. Ggf. nachhaken. «Können Sie Punkt XY nach etwas ausführen?». «Hier bist du sehr ins Detail gegangen. Könntest du dich eher auf XY konzentrieren?»
- Das Statement oder die Statements mehrmals drehen, jeweils mit unterschiedlichen Einstellungsgrössen (Nah und Halbnah), damit nachher gut geschnitten werden kann.
- Rückfragen, ob der O-Tongeber mit dem Ergebnis zufrieden ist.
- Nach dem Statement müssen noch Schnittbilder gedreht werden. Das sind Aufnahmen, die einen Schnitt im Statement kaschieren (s. u.: Jump Cuts vermeiden). Das können Hände sein (Detailaufnahme), die Situation von ganz weit weg (Totale) oder ein Reaction-Shot auf euer Team.
- 30 Sekunden «Atmo» aufnehmen (s. Tontechnische Aspekte «Atmo»)
Nach der Aufnahme
Passende Insert-Aufnahmen drehen
Nicht nur Kinder mögen es nicht, dauernd nur Talking Heads (sprechende Köpfe) zu sehen. Spätestens nach 15 bis 20 Sekunden wirkt das Bild langweilig. Denkt deshalb bereits beim Filmen daran, auch Aufnahmen für die «B-Roll» zu erstellen von Dingen, Details, Abläufen etc., die ihr später beim Schnitt als Insert-Schnitte über die sprechenden Köpfe legen könnt. Dieses Material hilft auch, störende Jump-Cuts zu überdecken.
Als Zwischenschnitte eignen sich besonders Detail und Grossaufnahmen. Folgende Objekte könnten für Zwischenschnitte (Inserts) aufgezeichnet werden:
- Die Hände des Protagonisten
- Den Protagonisten beim Verrichten einer Arbeit (Five-Shot-Coverage!)
- Gegenstände über welche der Protagonist spricht
- Details aus dem Umfeld des Protagonisten
- Das Gesicht der Reporterin / des Reporters (Reaction-Shot)
03 O-Ton-Situationen produzieren
O-Ton-Situationen sind nicht so leicht planbar wie O-Ton-Statements. Fragen ergeben sich spontan aus der Situation heraus. Wenn ihr die handelnde Person einfach mit der Kamera verfolgt und aufnehmt, was sie sagt und erklärt, ist das schonmal super. Danach könnt ihr zusätzlich noch 2-3 Five-Shots drehen, damit ihr beim Schnitt flexibel seid und für zusätzlichen Augenkitzel sorgt. Für die Aufnahme gelten die selben Punkte wie bei den Statements.
Einen bewegten Handlungsablauf filmen
04 Interviews produzieren
Interviews sind – journalistisch betrachtet – eine hohe Kunst. Es bedarf einer Mischung aus intensiver Recherche und thematischer Fokussierung, intelligenter Fragetechnik, sensiblem Zuhören und sehr hoher Konzentration. Interviews können manchmal eskalieren, wie das berüchtigte Beispiel von Klaus Kinski zeigt. Oder die Interviewpartner sind sehr zurückhaltend mit Informationen, wie es Herr Nowottny im Jahr 1972 beim Interview mit dem damaligen deutschen Bundeskanzler Willi Brandt erleben musste.
Fragetechniken für Interviews
Wer nur geschlossene Fragen stellt, wird zwangsläufig kurze Antworten bekommen: Ja und Nein. Welche Fragen kann man sonst noch stellen? Hier gibt es einige Hinweise zu den gängigsten Fragetechniken.
„Wie stehen Sie zur Fischfangquote im Bodensee?“
Offene Frage (viel Freiraum für Interviewpartner, keine Beeinflussung)
„Erzählen Sie mal. Was haben Sie für Erfahrungen als Chef der Wasserpolizei gemacht?“
Offene Frage mit Aufforderungscharakter (Fordert zum ausschweifenden Reden auf, geeignet für einsilbige Interviewpartner)
„Halten Sie es für richtig, dass die Schiffswracks auf dem Seegrund bleiben?“
Geschlossene Frage (nur mit Ja oder Nein zu beantworten, Zustimmung oder Ablehnung (klare Position) soll erfragt werden)
„Habe ich das vorher richtig verstanden: Sie haben früher Schmuggler auf dem See verhaftet?“
Bestätigungsfrage
„Was hat ihnen besser gefallen: Polizeidienst an Land oder auf dem Wasser?“
Alternativ- bzw. Entscheidungsfrage
„Sie stimmen mir sicherlich zu, dass der See an den Wochenenden viel zu voll ist.“
Suggestivfrage (Antwort wird dem Interviewpartner in den Mund gelegt)
„Sie hatten in den 1960er Jahren bei der Seepolizei ja nur einfache Schlauchboote. Sind sie nicht ein bisschen neidisch auf ihre Nachfolger, die heutzutage schicke Rennboote fahren?“
Unterstellungsfrage (unterstellt dem Interviewpartner eine bestimmte Position/Haltung und baut darauf eine Frage auf)
„Mit der Einführung der Dampfschifffahrt auf dem Bodensee ist das Gefahren-potenzial damals stark angestiegen. Heute passieren aber kaum grössere Unfälle mit Kursschiffen. Woran liegt das?“
Frage mit vorgebauter Information (Balkonfrage, gibt dem Interviewpartner gewisse Basisinfos vorab, Interviewpartner kann sich dann auf die wichtigen Dinge konzentrieren)
„Können Sie ihre Antwort noch ein bisschen präzisieren?“
„Sie haben eben gesagt, dass Sie den Bodenseetourismus zu viel finden. Ich hatte Sie aber gefragt, wie wichtig der Tourismus für die Gemeinden am Bodensee ist.“
Nachfrage (bei nicht befriedigenden Antworten)
„Wie viele Unfälle passieren pro Jahr im Durchschnitt und was tut die Wasserpolizei für die Unfallprävention?“
Doppelfrage (bitte nicht stellen)
05 Für Profis: O-Töne oder Interviews mit zwei Kameras aufnehmen
Jump Cuts vermeiden
Wenn ihr später ein Interview oder einen O-Ton schneidet, dann springt der Kopf bei jedem Schnitt, weil kein Mensch beim Sprechen den Kopf immer ganz ruhig hält. Dieses Phänomen nennt man «Jump-Cut». In der Regel sollten Jump-Cuts vermieden werden – es sei denn, man setzt sie als Stilmittel ein.
Eine etwas aufwändige Möglichkeit, Jump-Cuts zu vermeiden, ist das Filmen mit zwei Kameras. Die erste Kamera filmt die sprechende Person in einer Halbnahen (von der Hüfte an aufwärts), die zweite Kamera in einer Grossaufnahme (nur den Kopf). Achtet bei der Cadrage darauf, dass sich die Augen bei beiden Kameras auf derselben Höhe befinden. Jetzt kann beim Schnitt jeweils von der einen Kameraaufnahme auf die andere geschnitten werden. Die Jump-Cuts fallen nicht mehr auf, weil die Einstellungsgrössen stets wechseln.
Wer mit zwei Kameras arbeitet, muss unbedingt folgendes beachten:
- Beim Filmen mit zwei Kameras muss vor dem Filmen bei beiden Kameras ein manueller Weissabgleich vorgenommen werden, damit die Farben (genauer die Farbtemperatur) aufeinander abgestimmt sind.
- Nach dem Starten der Aufnahme wird von beiden Kameras sichtbar in die Hände geklatscht. Die Hände werden dabei waagerecht gehalten. So haben wir eine improvisierte «Filmklappe», die uns hilft die beiden Aufnahmen beim Schnitt zu synchronisieren. Während des Interviews werden die Aufnahmen nicht gestoppt. Ansonsten muss die Klappe wiederholt werden.
In diesem Video wird erklärt, wie man O-Tonsequenzen mit zwei Kameras professionell gestaltet.
X-Achsen-Interview aufnehmen
Eine weitere Variation mit zwei Kameras ist das X-Achsen-Interview.
Die beiden Kameras sind dabei wie ein X angeordnet. Kamera A ist auf die interviewte Person gerichtet, Kamera B auf die Reporterin. So kann Kamera B einen sogenannten Reaction-Shot (Gesicht der Reporterin, wenn sie gerade nichts sagt) einfangen, während Kamera A den O-Tongebenden filmt. Tipp: Solche Reaction-Shots können im Nachhinein noch nachgestellt werden. Somit ist es auch mit einer Kamera möglich, Reaction-Shots ins Interview einfliessen zu lassen – zum Beispiel, um Jump Cuts zu vermeiden.
06 Tontechnische Aspekte
Im Film ist der Ton mindestens so wichtig wie das Bild. Beim Filmen hingegen wird oft das Augenmerk auf das perfekte Bild gelegt und der Ton geht schnell mal vergessen. Wir denken, wir hören mit unseren Ohren sowieso, was auf der Tonebene alles geschieht. Doch die Kamera hört oft anders als wir. Um die volle Kontrolle über den Ton zu haben, hilft nur die Verwendung eines möglichst geschlossenen Kopfhörers. Ansonsten kann es sein, dass die Kamera Störgeräusche oder eine schlechte Tonqualität aufzeichnet und wir dies erst zu spät beim Schnitt entdecken.
Nachfolgend findet ihr einige Tipps und Tricks, wie ihr diese Tonpannen umgehen könnt und wie ihr mit der geeigneten Mikrofon-Wahl ein Optimum an Tonqualität erreichen könnt – sei es bei Interviews, bei O-Ton-Passagen oder bei der Aufzeichnung von «Atmo» (kurz für Atmosphäre).
Achtung! Umgebungsgeräusche!
Trainiert euch an, beim Filmen auf Umgebungsgeräusche zu achten! Gibt es Lastwägen, die in der Nähe vorbeifahren? Läuten die Kirchenglocken? Surrt eine Klimaanlage oder dröhnt der Laubbläser, den der Hauswart wie immer zum falschen Zeitpunkt vor dem Fenster auspackt? Diese Geräusche (ausser dem Laubbläser 🙂 fallen euch im Moment vielleicht nicht auf, doch später auf der Aufnahme nerven sie gewaltig. Insbesondere wenn der Hauswart den Laubbläser immer wieder aus- und angeschaltet hat. Denn dann sind die Störgeräusche in einem Satz da, im nächsten wieder nicht. Das selbe gilt übrigens auch für Musik, die im Hintergrund läuft. Es gibt nichts Nervigeres als nach dem Schnitt im Hintergrund ein Refrain-Fragment zu hören, dann einen halben Satz der 2. Strophe etc.
Kurzum: Sucht euch einen Ort ohne Hintergrundgeräusche, schaltet Musik und Radio aus, bittet den Hauswart, eine Pause zu machen, schaltet Computer mit lautem Lüfter aus…
Bei aller Vorsicht können immer wieder auch unvorhersehbare Störungen auftreten, so wie es beim BBC Live Interview mit Professor Robert Kelly passierte 🙂
Vorlauf und Nachlauf aufnehmen
Den Schnapsbrenner*innen unter euch sei gesagt. Mit Vorlauf ist in diesem Fall nicht der giftige erste Teil des Destilats gemeint, sondern der zeitliche Abstand zwischen dem Aufnahmestart der Kamera und dem Sprechbeginn des O-Tongebenden.
Manchmal können die Interviewpartner*innen kaum warten, bis sie erzählen dürfen. Wenn ihr sagt: «Ok, jetzt könnt ihr sprechen» und gleichzeitig auf den Rekord-Knopf der Kamera drückt, dann ist mit grosser Wahrscheinlichkeit das erste Wort nicht aufgezeichnet worden und der ganze Satz ist verloren.
Das Zauberwort heisst also Vorlauf! Ihr startet die Aufnahme, wartet ca. 5 Sekunden und gebt erst dann das Zeichen zum Sprechen. Und wenn die Aufnahme fertig ist, dann lässt ihr noch 5 Sekunden weiter aufzeichnen, bevor ihr die Aufnahme stoppt. So habt ihr beim Schnitt genügend Material und sicher die ganzen Sätze aufgezeichnet.
«Atmo» aufnehmen
Jeder Raum hat seine eigene Akustik. Sie ist abhängig von der Raumgrösse, der Form des Raums, der Oberflächenbeschaffenheit von Boden, Wänden und Decke sowie von den Gegenständen, die im Raum stehen. Glatte Oberflächen und leere Räume erzeugen viel Raumhall, während stumpfe Oberflächen wie Stoffe, Holz oder Kork Schall absorbieren, wodurch der Raum eher «trocken», also ohne Hall klingt.
Im Videojargon spricht man von «Raumatmo» oder einfach «Atmo». Wenn ihr O-Töne oder Interviews an einem bestimmten Ort aufzeichnet, solltet ihr von diesem Raum auch 30-45 Sekunden Atmo (Stille) aufnehmen. Diese Atmo hilft euch beim Schnitt, wenn ihr die O-Tongebenden mitten im Satz Tonsprünge zu kaschieren, oder eingeblendete Bilder mit Atmo zu unterlegen.
07 Mikrofontypen
Grundsatz: Sobald mit externen Mikrofonen gearbeitet wird, muss der Ton zwingend mit einem Kopfhörer kontrolliert werden. Nur so kann sichergestellt werden, dass der Ton auch in der gewünschten Qualität aufgezeichnet wird. Zudem zeigen die VU-Meter auf dem Kameradisplay, ob Ton aufgezeichnet wird. Wenn hier nichts ausschlägt, ist ev. das Mikrofon noch ausgeschaltet oder die Batterien sind leer. Jedenfalls wird kein Ton aufgezeichnet.
Reportermikrofone
Am beliebtesten sind die Reportermikrofone. Damit lässt sich gut kontrollieren, wer wann spricht. Gebt also die Reportermikros nicht aus der Hand, sonst verliert ihr die Kontrolle!
Um Störgeräusche durch einen Wackelkontakt beim Anschluss zu vermindern, sollte das Mikrofon mit einer Kabelschlaufe gehalten werden. Zudem können Ringe auch Störgeräusche auf das Mikrofon übertragen.

Video-Richtmikrofone
Wenn man mit der Kamera beweglich und agil sein muss (z.B. auf einem Karussell), leisten Videorichtmikrofone gute Dienste. Videorichtmikrofone arbeiten in der Regel mit Batterien. Stelle sicher, dass du mit vollen Batterien aufs Set gehst. Achtung: wenn draussen und mit Wind gefilmt wird, einen Windschutz (Dead cat) verwenden.

Video-Richtmikrofone können unterschiedlich eingesetzt werden:
- auf der Kamera: Hier zeichnet das Mikrofon alles auf, was die Kamera sieht. Seitliche Störgeräusche werden reduziert.
- auf der Angel: Profis zeichnen den Ton mit einer Tonangel auf. Da benötigt es jedoch eine Person alleine für den Ton. An der Tonangel ist ein Richtmikrofon befestigt. Damit kann man genau ermitteln, woher der Ton aufgenommen werden soll.
Lavaliermikrofone
Lavaliermikrofone werden auch Kragenmikrofone genannt, weil sie oft am Hemdkragen befestigt werden. Sie bieten eine gleichbleibend gute Tonqualität. Achte darauf, dass keine Ketten oder Halstücher am Mikrofon schaben und dass sich das Kabel nicht irgendwo verfängt. Nimm dir genügend Zeit fürs «Verkabeln» deines Interviewpartners oder deiner Interviewpartnerin, damit das Lavaliermikro während des ganzen Interviews gut sitzt.
Funkstrecken und Blue Tooth Mikros
Wenn du mit einer Funkstrecke arbeitest, hast du die optimale Freiheit, weil du nicht an ein Kabel gebunden bist. Funkstrecken werden oft mit Lavaliermikrofonen verwendet.
Ton mit dem Handy Mik aufnehmen
Ein sehr gutes Handmikrofon ist das iRig Mik HD. Dieses gibt es mit verschiedenen Kabeln für die unterschiedlichen Smartphone-Anschlüsse. Die Medienwerkstatt der
Auch fürs Smartphone gibt es Lavaliermikrofone wie das iRig Mik Lavalier. Die Kabellänge ist jedoch begrenzt auf ca. 1.5 m, doch die Qualität ist oft viel besser als mit dem eingebauten Mik.
In der Medienwerkstatt der PHTG können zudem Aufsteckmikrofone wie das Shure MV88 ausgeliehen werden. Diese Mik wird direkt aufs iPhone / iPad aufgesteckt.
Aufgabe
Bereitet in eurem Filmteam ein kurzes O-Ton-Statement vor, das einen Bezug zu eurer Thematik hat.
- Sucht dabei die optimalen Fragen, um möglichst genau die Informationen zu erhalten, die ihr für euren Film benötigt.
- Vereinbart, wer die O-Ton-gebende Person ist.
- Überlegt euch eine (trotz Webcam) optimale Cadrage
- Übt die O-Ton-Statements einige Male.
Spielt die O-Ton-Szene dem Plenum vor. Die Zuschauenden geben euch Rückmeldungen, was gut gelungen ist und Tipps und Anregungen, was aus ihrer Sicht noch besser gemacht werden könnte.
Folgende Fragen versuchen die Zuschauenden zu beantworten:
- Was war die Fragestellung?
- Was war die Kernaussage?
- Wie verständlich war die Kernaussage?
- Welches Material könnte man für Inserts zusätzlich filmen?